Portrait von Johannes vom Kreuz

Johannes vom Kreuz

spanisch Juan de la Cruz
eigentlich Juan de Yepes Álvarez
* 24. Juni 1542 in Fontiveros bei Ávila, Kastilien, Spanien;
† 14. Dezember 1591 in Úbeda
sein Grab befindet sich in der
Karmelitenkirche in Segovia/Spanien.
25. Januar 1675 Seligsprechung
27. Dezember 1726 Heiligsprechung
24. August 1926 Erhebung zum Kirchenlehrer
Im März 1993 wurde Juan de la Cruz von Johannes Paul II. zum Schutzpatron der spanischsprachigen Dichter ernannt.

Juan de Yepes war der dritte Sohn armer Weber, kam mit seiner Mutter Catalina Álvarez und seinem um ca. 10 Jahre älteren Bruder um 1555 nach Medina del Campo (Spanien), wo er in der Armenschule Colegio de los Doctrinos und ab 1559 im neu gegründeten Kolleg der Jesuiten eine gediegene Ausbildung genoss.
Eine Ausbildung in praktischen Berufen war nicht sehr erfolgreich, doch erwies er sich als tüchtiger Pfleger und Almosensammler für das Hospital de las bubas (Syphiliskranke). 1563 trat er mit dem Namen Juan de San Matía in den Orden der Karmeliten ein, studierte ab 1564 an der Universität Salamanca Theologie und Philosophie und lernte 1567 kurz nach seiner Priesterweihe Teresa von Ávila kennen, für deren neues Ordensideal innerhalb des Karmelitenordens er sich begeisterte.
Wegen der unterschiedlichen Reformvorstellungen kam es zwischen dem neuen Orden Teresas und dem Stammorden zu heftigen Auseinandersetzungen, deren prominentestes Opfer Johannes vom Kreuz wurde. In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1577 wurde er entführt und im Ordensgefängnis des Klosters in Toledo eingekerkert, wo er als „hartnäckiger Rebell“ entsprechend den damaligen Normen misshandelt und gedemütigt wurde. Diese Zeit wurde für ihn zur eigentlichen Mitte seiner Gotteserfahrung und der daraus entstammenden visionär-mystischen Dichtung, in der die Menschenseele ihre Sehnsucht nach dem entschwundenen Geliebten besingt. Hier entstanden u. a. sein Cántico espiritual, sein bekanntestes Gedicht Die dunkle Nacht gründet auf dieser Erfahrung.


Noche oscura

1. En una noche oscura,
con ansia, en amores inflamada,
¡oh dichosa ventura!,
salí sin ser notada,
estando ya mi casa sosegada.

2. A oscuras y segura
por la secreta escala, disfrazada,
¡oh dichosa ventura!,
a escuras y en celada,
estando ya mi casa sosegada.

3. En la noche dichosa,
en secreto, que nadie me veía,
ni yo miraba cosa,
sin otra luz y guía
sino la que en el corazón ardía.

4. Aquesta me guiaba
más cierto que la luz del mediodía
adonde me esperaba
quien bien yo me sabía
en parte donde nadie parecía.

5. ¡Oh noche que guiaste!
¡Oh noche, amable más que el
alborada! ¡Oh noche que juntaste
Amado con amada,
amada en el Amado transformada!

6. En mi pecho florido,
que entero para él solo se guardaba,
allí quedó dormido,
y yo me regalaba,
y el ventalle de cedros aire daba.

7. El aire del almena,
cuando ya sus cabellos esparcía,
con su mano serena
en mi cabello hería,
y todos mis sentidos suspendía.

8. Quedéme y olvidéme,
el rostro recliné sobre el Amado;
cesó todo, y dexéme,
dexando mi cuidado
entre las azucenas olvidado.

Dunkle Nacht

In einer dunklen Nacht,
die Liebesglut - o gückliches Geschehen
zum Sehnsuchtsbrand entfacht,
entfloh ich ungesehen
und ließ mein Haus
schon tief in Ruhe stehen.

Ich konnt‘ in Heimlichkeit,
vermummt,
auf schmaler Treppe sicher gehen,
gedeckt von Dunkelheit -
o glückliches Geschehen! -
und ließ mein Haus
schon tief in Ruhe stehen.

Sollt niemand meiner achten
in dieser Segensnacht;
auch wollte ich
mir selbst kein Ding betrachten;
nichts andres führte mich,
als nur mein Licht im Herzen innerlich.

Dies hat mich hingeleitet,
Viel sichrer als das volle Licht am Tage,
wo er sich mir bereitet,
zu dem ich Liebe trage;
und kein Geschöpf uns dort zu stören wage.

O Nacht, die holder scheint als Morgenrot,
in ihren dunklen Falten
die Liebenden vereint,
bis göttliche Gewalten
die Liebste in den Liebsten umgestalten.

An meiner Brust, allein für ihn erblüht,
genoß er traute Rast;
hier schlief Er friedlich ein;
ich labte meinen Gast,
und Kühlung fächelte ein Zedernast.

Als schon der Morgenwind sein Haar umspielte,
fühlt‘ am Nacken streichen
ich Seine Hand, so lind;
dies traf mich ohnegleichen
und ließ mir alle Sinne süß entweichen.

Vergessen sog mich ein.
Ich blieb, das Haupt dem Liebsten angeschmiegt,
und ließ mein ganzes Sein entschwinden.
Eingewiegt
ist unter Lilien mein Gram versiegt.